2014 war nach langer Zeit endlich wieder mein Jahr. Das Jahr in dem ich Freundschaften geschlossen habe, in dem ich mich selbst wiedergefunden habe, mit einem Segeltörn, den ich nie vergessen werde. Mein Name ist Ester und ich hatte Leukämie von 2012-2014. Diesen Satz sagen zu können, ist nicht selbstverständlich für mich und hat Jahre gedauert bis ich es sagen konnte, ohne zusammenzubrechen. Ich war 15 und stand mitten im Leben und von heute auf morgen war das alles vorbei.
Im Laufe der Therapie wurde mir klar, dass Krebs viel mehr ist, als nur eine Chemotherapie und einen kahlen Kopf. Das ist etwas, was Menschen oft nicht verstehen, weil sie nicht damit in Berührung gekommen sind. Das einzige was ich wollte, war eine normale Jugendliche zu sein, was mir jedoch genommen wurde. Ich wurde depressiv und war nicht mehr ich.
Ich glaube es war um die Weihnachtszeit in 2013, als ich einen Flyer im Wartezimmer des Klinikums gefunden habe. Dieser Flyer hat, ohne zu übertreiben, mein Leben verändert. Es ging um einen Segeltörn für krebskranke Kinder von Menschen für Kinder. Nach meiner Anmeldung gab es ein paar Komplikationen, weil ich nochmal operiert wurde. Mein Immunsystem war, bedingt durch die Chemo, sehr schlecht, was viele Infektionen zufolge hatte.
Meine Teilnahme stand dadurch auf der Kippe und ich habe den Organisator angerufen, um meine Bedenken zu äußern. Ich bin ihm heute sehr dankbar, dass er meinen Platz nicht an jemand anderen vergeben hat, sondern mir Mut zugesprochen hat und wir dabei verblieben sind, dass wir abwarten, wie es mir nach der Operation geht. Mir ging es tatsächlich sehr gut und so ging meine Reise von einem kleinen Ort in der Nähe von Kassel nach Albshausen bei Wetzlar.
Ich wusste nicht was mich erwarten sollte, aber alle meine Wünsche wurden mehr als erfüllt. Ich verbrachte die beste Woche meines Lebens auf dem Schiff mit anderen Erkrankten und einigen Betreuern in meinem Alter. Ich hatte das Gefühl, ich sein zu können und mich selbst wieder zu finden. Die gemeinsamen Rituale auf dem Schiff und die Unternehmungen haben mich meine Krankheit vergessen lassen. Oft wurde mir das erst abends klar, wenn ich meine Chemotabletten genommen habe.
Ich kann gar nicht auf Papier bringen, wie einschneidend diese Woche gewesen ist. Ich wurde nämlich nicht als kranke Person abgestempelt und eigentlich haben wir einander zu Beginn lediglich gefragt, welche Art von Krebs wir haben und machten gelegentlich Krebs-Insider Witze, die wahrscheinlich keiner außer uns verstand. Die Krankheit war also so gut wie kein Thema an Bord, dafür aber Gemeinschaft und Spaß. Ich erinnere mich vor allem an unsere Piratenparty und unsere Pokerrunden. Lachen zu können war für mich wieder neu. Als die Woche vorbei war, hat meine Mutter mich wieder in Albshausen abgeholt, aber eigentlich wollte ich nicht weg. Ich erinnere mich gut daran, dass meine Mutter eine Woche später noch sagte, dass ich zwar Anwesend war, aber mit dem Herzen noch auf dem Boot war. Ich kam gestärkt aus der Woche raus und schon ziemlich schnell bin ich wieder zurück nach Wetzlar, zu meinen neuen Freunden, Freundschaften, die bis heute anhalten. Wir haben uns gegenseitig besucht und hatten ein wundervolles Nachtreffen. Heute muss ich noch jährlich zur Untersuchung, aber ich bin gesund, was nicht selbstverständlich ist.
Ich glaube ich kann Außenstehenden nicht begreiflich machen, wie wichtig dieser Segeltörn für mich war, um wieder zurück ins Leben zu kommen, aber dass mich diese Erinnerung heute noch prägt, sagt glaube ich viel. Unser Segeltörn war zwar der erste, aber danach hat es noch weitere gegeben und ich hoffe, dass das auch in Zukunft so ist. Vielen Dank an das MfK Team. Ich denke an euch!
Eure Ester
